Johan Meijer – „DAZUMAL (Europeana)“
, Nederossi, 2017 26.01.2017
Lotmannshagen
Pinocchio
Schwarze Galeere
Gaudeamus igitur
Strahlend schöner Tag
Daleko
Betrunkenes Liebeslied
Tomaszòw
Rejtelmek
Mistral gagnant
Die Stadt, sie schlief ein
Die sieben Brüder Cervi
Zur Elbe
Grüne Wiesen, blaue Berge
Gebet des Francois Villon
Schiffe liegen am Kai
So lange man singt
Der
Mann
ist
ein
fleißiger
und
ideenreicher
Künstler.
Innerhalb,
so
wie
ich
finde,
ziemlich
kurzer
Zeit,
liegt
nun
das
vierte
Album
der
„Europeana“
–
Serie
vor
mir.
„DAZUMAL“
(2017)
heißt
die
Scheibe,
die
Ideen
und
Fundstücke
nach
„Raum
und
Zeit“
(2010),
„Zeitenwechsel“
(2013)
sowie
„Hautnah“
(2016)
fortsetzt
bzw.
erweitert.
JOHAN
MEIJER
scheint
Lieder
zu
sammeln,
wie
andere
Leute
auf
gute
Lyrik
aus
sind.
Immer
wieder
entdeckt
er
in
seiner
eigenen
Biografie
Begegnungen
und
Inspirationen,
die
er
mit
seiner
Frau
gemeinsam
über-
und
umsetzt.
Sie
bekommen
ein
für
ihn
typisches
Gewand,
um
auf
eine
CD
zu
gelangen.
Nun
also
„DAZUMAL“
mit
zumeist
unbekannten
Melodien
aus
Europas
Mitte
oder
von
nebenan.
Zumindest
hatte
ich
oft
das
Gefühl,
überrascht
zu
werden.
Sie
entstanden
in
Polen,
in
Tschechien,
im
ehemaligen
Jugoslawien
sowie
in
manch
anderen
Teilen
Europas.
Auch
im
deutschen
Lande.
Diese
Mischung
ist
ungewöhnlich,
aber
deshalb ist dieses Projekt eben auch so interessant, abwechslungsreich und vielfältig geworden.
Gleich
die
erste
Melodie
über
„Lotmannshagen“,
mit
dem
Klang
der
Mandoline
und
einem
„hüpfenden“
Bass,
fesselt
mich.
JOHAN
MEIJER
vermittelt
die
kleine
Geschichte
des
tschechischen
Liedermachers
Jaromir
Nohavica
mit
der
gleichen
Leichtigkeit,
wie
sie
auch
das
Original
ausstrahlt.
Später
taucht
er
gefühlvoll
in
„Gaudeamus
Igitur“,
ebenfalls
von
vom
tschechischen
Liedermacher
übernommen,
ein
und
lässt
die
Ballade,
nur
von
Gitarre,
Bass
und
Piano
begleitet,
einfühlsam
erklingen.
Zum
einen
kann
man
indirekt
nachvollziehen,
was
ein
Gerücht
pfeifender
Weise
im
Dorf
anstellt
und
dann
wiederum
wird
man
vom
Zitat
eines
bekannten
Studentenliedes
gefesselt.
Als
Ausklang
mit
dem
letzten
Song
auf
dieser
CD,
„So
lange
man
singt“,
wird
der
Hörer
ein
drittes
Mal
mit
Folkmusik
von
Nahovica
bekannt
gemacht
und
erst
dann
entlassen. Der Liedermacher aus Tschechien ist für mich zu einer Entdeckung geworden.
Zuvor
allerdings
warten
weitere
Lieder
und
derer
Schöpfer
darauf,
durch
die
Neu-Interpretationen
entdeckt
zu
werden.
Mit
„Pinocchio“
übernimmt
Johan
einfühlsam
ein
Lied
aus
Polen.
Der
Komponist
und
auch
Interpret
eigener
Lieder,
Przemsylaw
Gintrowski,
singt
„Smiech“
mit
rauer
leiser
Stimme.
Johan
zieht
seine
weiche
holländische
Haut
darüber,
lässt
ein
Akkordeon
erklingen
und
verzichtet
auf
eine
zweite
Stimme.
Er
macht
so
eine
einfühlsame
Hommage
an
seinen
polnischen
Freund
Tomek
Opoka
aus
der
Ballade.
Dieser
Song
weckt
Emotionen,
lässt
Worte
mitfühlen
und
erinnert
mich
auch
an
Grechuta
und
Wozniak,
deren
Melodien
von
gleicher
Dichte
waren.
Davon
gibt
es
im
Nachbarland
noch
viele
zu
entdecken,
wie
auch
schon
Gundermann
wusste.
Eine
solche
ist
auch
„Tomaszòw“
mit
seiner
düsteren
Grundstimmung.
Es
ist
das
zweite
Lied
aus
Polen
und
eine
besondere
Liebeserklärung
an
die
Stadt
Tomaszòw,
an
deren
jüdische
Vergangenheit.
Für
mich der stillste und intimste Moment der CD mit dem gleichmäßigen Spiel eines Vibraphons.
Später
gesellt
sich
zu
den
tschechischen
und
polnischen
Entdeckungen
noch
eine
aus
Ungarn
hinzu.
„Rejtelmek“
ist
ein
Lied
von
Josef
Attila,
das
Johan
hier
vorstellt.
Es
erinnert
an
frühe
Beat-Lieder
aus
Ungarn
(Illes
„Sarika“,
1969),
die
tief
in
der
Folklore
des
Landes
verankert
sind.
Wer
schon
einmal
ein
Konzert
von
Szuzsa
Koncz
besucht
hat,
kann
u.a.
dieses
wunderschöne
Lied
von
den
„Geheimnissen“
vielleicht
dort
auch
gehört
haben.
Hier
mit
Mandoline,
einfach
großartig,
wie
das der Holländer macht.
Gundermann’s
„Schwarze
Galerie“
gab
es
schon
auf
„Kersen
Delen“
(2015)
und
ist
hier
noch
einmal
in
einer
anderen
Version
zu
hören.
War
die
erste
eher
spartanisch,
kommt
die
„Galeere“
diesmal
schwer
und
voluminös,
unter
vollen
Segeln,
mit
Flöten
und
wilden
Streichern,
über
die
Brecher
geschippert.
Was
für
ein
verschwenderisches
Arrangement,
das
dem
Baggerfahrer
aus
der
Lausitz
sicher
gefallen
würde.
Dem
hinzu
fügt
sich
ein
„Betrunkenes
Liebeslied“
(2007),
eines
der
schönsten
und
anderen
deutschen
Liebeslieder
der
„Neuzeit“,
das
wir
hier
noch
einmal
anders
entdecken
dürfen.
Man
kann
sich
von
Wenzel’s
verstrickter
Melodie
fesseln
und,
ganz
im
Stillen,
mitnehmen
lassen
auf
ein
kleines
Liebesabenteuer.
Auch
sehr
deutsch
sind
„Grüne
Wiesen
und
blaue
Berge“
(im
Westen).
Inzwischen
aber
ist
Peter
Braukmann,
der
von
Schnappsack,
in
Meissen
zu
Hause.
Eines
der
neueren
schönen
deutschen
Folks-Lieder,
diesmal
mit
holländischem
Akzent
gesungen:
„Alle
Schätze
auf
dieser
Erde
gehören
uns
allen
und
keinem
allein.“
Das
können
Gundi
und
Wenzel
auch
unterschreiben.
Wieder
ein
anderer
Platz
in
Europa:
„Ein
strahlend
schöner
Tag“
beschreibt
eine
frohe
Landpartie,
„mit
Kaffee
und
Stulle“,
nach
Kanada,
von
Daniel
Lohues
mit
heller
Stimme
und
bei
Johan
Meijer
in
seinem
weichem
Timbre
noch
einmal,
diesmal
aber
sehr
gelöst
und
entspannt,
erzählt:
„Mit
’nem
Kopp
voller
Sonnenlicht
zu
’ner
Frau,
die
mich
wirklich
mag.“
Eine
flockig
beschwingte
Melodie,
hier
mit
ein
wenig
Blues-Grass-Feeling
und
dem
Spiel
einer
Slide-Guitar.
Dann
„Ganz
weit
fort“,
ein
Original,
diesmal
aus
Bosnien
und
ein
Duett.
Johan
singt
diese,
vor
Sehnsucht
trunkene
Melodie,
wie
einen
Slow-
Blues im Dreivierteltakt, ganz für sich und uns allein. Eine richtige kleine Perle, die wir da zu hören bekommen.
Und
es
gibt
noch
viele
weitere
zu
entdecken.
So
„Die
Stadt
schlief
ein“,
ein
Lied
von
Jaques
Brel
aus
dessen
letzten
Album
(1977).
Einfühlsam
fängt
Johan
Meijer
in
diesem
Chanson
Geschehnisse
ein,
die
sich
ereignen,
während
die
Stadt
einschläft
und
außerdem
die
besondere
französische
Atmosphäre
in
einem
ganz
besonderen
Lied.
Ein
erdrückendes
Drama
in
ein
einfühlsames
Lied
gepackt
singt
über
„Die
sieben
Brüder
Cervi“.
Eine
eindringliche
Mahnung,
Unrecht
nicht
zu
vergessen.
Und
„Zur
Elbe“,
ein
Heldenlied
und
Hymne
auf
jene,
die
unter
großen
Gefahren
Widerstand
leisteten.
Es
erinnert
mich
ein
wenig
an
die
„Partisanen
vom
Amur“.
„Mistral
Gagnant“
(1985)
wiederum
erzählt
auch
im
Original
davon,
was
alles
in
fünf
Minuten,
irgendwo
auf
eine
Bank
sitzend,
vielleicht
alles
zu
beobachten
wäre.
Zu
dezenter
Klavierbegleitung
fängt
das
Lied
ein
paar
Augenblicke
Leben
ein,
hält
sie
fest
und
lässt
den
Hörer
teilhaben.
Typisch
französisch und doch typisch überall. Momente, die man sich auch selbst schenken sollte. Vielleicht nach diesem Lied.
Булат
Шалвович
Окуджава
war
ein
beliebter
Musiker
der
UdSSR,
der
oft,
mit
kritischen
und
klugen
Liedern,
hier
das
„Gebet
des
Francois
Villon“,
in
seiner
Heimat
viel
Gehör
fand.
Weit
weg
von
dem,
was
wir
uns
manchmal
unter
russischer
Musik
vorstellen,
zeigt
uns
Johan
eine
anderer
Seite
russischer
Volksmusik
(und
dennoch
mit
Balalaika).
„Schiffe
liegen
am
Kai“,
noch
ein
Lied,
das
Johan
auf
Reisen
in
russische
Lande
aufgefallen
ist.
Ein
rauchig
knarziges
Saxophon
macht
den
Song widerborstig, ein wenig jazzig und durch das Gitarrenspiel leicht angeswingt.
Nach
sechzehn
Liedern
klingt
die
CD
mit
einem
Lied
aus
unserem
Nachbarland
Tschechien,
„So
lange
man
singt
ist
doch
noch
nicht
alles
verloren“
(1988),
aus.
Dieses
wunderschöne
Kleinod
beschließt
die
prall
gefüllte
Scheibe
und
irgendwie
schließt
sich
der
Kreis
mit
dem
dezenten
Hinweis.
„Am
Anfang
des
Wegs
scheint
das
Ende
noch
weit“.
Ja,
ich
habe
diese
neue
Scheibe
mehrmals
gehört,
um
wenigstens
einen
kleinen
Teil
ihrer
Faszination
für
mich
zu
entdecken.
Immer
wieder
am
Anfang
angefangen.
So
viele
Nachdichtungen
auf
so
engen
Raum,
so
dicht
komprimiert
zu
hören,
kann
schon
ein
Abenteuer
sein.
Auch
deshalb,
weil
die
Vielfalt
der
Themen
sich
quer
durch
das
Leben
und
die
Geschichte
ziehen,
sich
von
fröhlich,
über
traurig
bis
ganz
hin
zu
bissig
erstrecken
und
so
die
Emotionen
immer
wieder
neu
anstacheln.
Bei
keinem
der
17
Lieder
kommt
Langeweile
auf,
weil
die
instrumentale
Stimmung
die
Aufmerksamkeit
stets
neu
anspornt.
Wer
sich
auf
solcherart
Denken
und
Fühlen
einlässt,
hat
gute
Chancen,
mit
anderen,
vielleicht
scheinbar
fremden
Menschen,
doch
ein
gemeinsames,
neues
Europa
aus
dem
Flickenteppich
des
alten
zu
weben.
JOHAN
MEIJER
ist
mit
seiner
Reise
durch
„Europeana“
schon
kräftig
am
Werkeln.
Ein
Europäer
eben,
ohne
darum
viel
Aufsehen
zu
machen.
Dafür,
und
für
diese
Liederentdeckungsreisen, verdient er Respekt (und jede Menge interessierte Hörer).